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		Die schwarze Gazette Ausgabe 107 vom 10.10.2005  | 
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| Extrablatt - Tatsachenbericht | ||
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          Der Meuchler | ![]()  | 
        
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             Die schwarze Gazette: Extrablatt - Tatsachenbericht Der Meuchler ------------------------------------- Liebe Leserinnen und Leser, heute begeben wir uns in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele. In dieser Ausgabe kommt das Böse höchstpersönlich zu Wort. Lassen wir einen Ausgestoßenen, einen gedungenen Mörder selbst seine blutige Tat schildern. Möge dieser Bericht als Abschreckung dienen und so zukünftige Verbrechen verhindern... Es war einer jener Tage an denen man keinen Hund vor die Tür jagen würde. Ich saß in dieser heruntergekommenen Spelunke am Zwielichten Hafen und kippelte lässig auf dem Stuhl hin und her. Mein Name? Der tut nichts zur Sache, mein Beruf schon eher: Ich bin Kopfgeldjäger und Meuchler. Ich löse Probleme, endgültig! In meinem Geschäft gibt es nur zwei Arten von Klienten: Jene die man wieder trifft und Jene die niemals wieder jemanden treffen. Aufträge handhabe ich auf meine Art: Schnell, heimlich still und leise. Diskret eben. Denn ich bin noch einer aus der alten Schule, der ganz harten Sorte. Nicht so wie die Weichwaffeln heutzutage. Die schon ohnmächtig werden wenn es gilt einen Wurm auf einen Angelhaken zu spießen. Doch ich schweife ab. Kommen wir zur eigentlichen Geschichte: Die Magierin trat plötzlich und entschlossen in den Raum. Mit einem einzigen Blick sondierte sie die Lage. Ich grunzte verächtlich und spie die Reste meines Kautabaks in den Spucknapf. Konkurrenz, ich roch diese Art von Trittbrettfahrern 10 Meilen gegen den Wind. Sie setzte sich an den Tisch gegenüber und wartete. Wir musterten uns gegenseitig. Es bedurfte keiner besonderen Eingebung um zu wissen dass wir beide auf denselben "Klienten" warteten. Ich schnippte lässig mit dem Finger und bestellte mit tiefer rauchiger Stimme einen dreifachen Doppelten. Trocken, ohne Eis, versteht sich. Übrigens mein Vierter wenn man die acht der letzten halben Stunde nicht mitzählt. Dann kam das Bürschchen. Der armselige Tropf hatte keine Ahnung mit wem er sich da angelegt hatte. Wer meine Auftraggeberin war. Die Schwarzmagierin und ich wussten dass der Milchbubi nur noch den Bruchteil eines Wimpernschlages zu leben hatte. Falls wir uns Zeit ließen natürlich. Er stellte sich als Fitz Iron vor. Das war recht praktisch, würde doch dann wenigstens nicht "Unbekannt" auf seinem Grabstein stehen. Normalerweise lege ich keinen Wert auf solche Details aber bei einem Mann, der so abgemagert war, dass er auf dem Vesperfriedhof jederzeit als Skelett durchging, fallen solche Kleinigkeiten durchaus ins Gewicht. Wir baten ihn höflich nach draußen. In stummer Übereinkunft hatten die Zauberin und ich beschlossen den Unglückswurm im Hafen zu ersäufen. Dolch und Schwert schieden in seinem Fall aus nahe liegenden Gründen aus. Wer das nicht versteht, soll mal versuchen ein aufgestelltes Blatt Papier von vorne an der Kante aufzuspießen - wie gesagt - er war wirklich mager! Es war gar nicht so leicht ihm die Schlinge um den Hals zu legen. Das Tau war für solch dünne Hälse einfach nicht geschaffen. Es bestand durchaus die Gefahr dass er durchrutschen konnte. Aber Not macht erfinderisch. Ein Taschentuch, dreimal um seinen Hals gewickelt, sorgte für den nötigen Durchmesser. Ich bin eben ein Profi und handhabe das auf meine Art: Schnell, heimlich still und leise. Diskret eben. Ein Stoß und der Fall war erledigt. Na ja, wäre da nicht dieser Windstoß gewesen. Der Kerl war außerordentlich leicht. Flog uns glatt davon. Zum Glück hatte er noch mein Seil um den Hals, das verlieh ihm ein wenig Gewicht und wir konnten ihn wieder runterziehen. Klar dass so einer wenig zu verlieren hatte und auf Stolz und Heldentum machte. Wollte durch das Schwert sterben der Bursche oder durch einen ehrlichen Pfeil. Was sollte dass denn? Schon mal einen Strich in der Landschaft getroffen? Nach vier Doppelten? Die Sache fing an aus dem Ruder zu laufen. Ich dachte über die Auftragssumme nach. 30 Goldlinge waren selbst für dieses Fliegengewicht nicht viel. Dummerweise denke ich immer sehr laut, vor allem nach Alkoholgenuss. Daher blaffte mich die Magierin auch zornig an: "Was? Euch zahlt sie das Doppelte? Frechheit!" Langsam wurde es peinlich. Um die Sache schnell zu erledigen machte ich den üblichen Vorschlag das der Delinquent auch selbst das Kopfgeld zahlen könne plus Spesen versteht sich. Aber auch hier hatten wir sehr tief ins Klo gegriffen. Schon mal versucht einem nackten Mann in die Tasche zu greifen? Sieben Goldlinge, seine ganze Habe abgesehen von Hemd und Hose. Stoff übrigens, kein Leder. Die Situation entwickelte sich kritisch - für uns, nicht für das Bübchen. Was konnten wir tun? Da hatte die Magierin eine verhängnisvolle Idee: Ganz in der Nähe gab es eine Kampfarena. Der Wurm sollte im fairen Zweikampf gegen mich antreten. Mit etwas Glück verletzte er sich selbst tödlich. Wir packten also das Seil und er segelt im Wind hinter uns her. Weit kamen wir nicht. Nach ein paar Schritten plumpste er vom Himmel wie ein gerupfter Truthahn und schrie und krümmte sich am Boden. Fassungslos starrten wir uns an. Der Unglücksrabe war am verhungern! Schwere moralische Bedenken überkamen uns. Wie war das jetzt? Hatten wir Anspruch auf die Belohnung wenn der Klient uns unter den Händen weghungerte? Wir hätten ihn ja dann gar nicht gemeuchelt. Eine lange Diskussion entflammte. Nach dem ungeschriebenen Ehrenkodex der Assassinen und Meuchelmörder kamen wir schließlich überein, dass wir es selbst tun mussten. Jeder hat eben seine Berufsehre. Der Kerl durfte also nicht verhungern. Wir packten unsere Lunchpakete aus und überhäuften den Schmächtigen mit Nahrungsmitteln. Ja dachtet ihr jetzt der Kerl würde essen? Panik breitete sich aus. Dieser Schmalhans war zu schwach zum essen! Teufel noch mal, muss ich auf meine alten Tage so einen Rotzlöffel auch noch füttern!? Ein Löffelchen für Mama, eins für Papa... - es war alles zu spät - ich musste vorkauen! Nach einer unendlich langen Zeit kam er wieder zu Kräften. Es war wirklich im letzten Augenblick. Fast wäre er uns unter den Händen gestorben. Puh, jetzt konnte es endlich zur Sache gehen. Wie gesagt, diese Dinge regle ich auf meine Art: Schnell, heimlich still und leise. Diskret eben. Hätte er mich nur nicht mit seinen klaren Augen angesehen. Ich habe den Jungen gerade gefüttert, quasi großgezogen, am eigenen Busen genährt. Konnte ich ihn jetzt noch töten? Ich spürte wie ich innerlich zerbrach. Meine Schultern hingen schlaff. Verstohlen suchte ich den Blick der eiskalten Magierin. Mit Genugtuung sah ich die Tränen in ihren Augen. "Er ist...", stammelte sie, "wie ein Sohn..." der Rest versank in ihrem Schluchzen. Das Ende der Geschichte ist schnell erzählt. Ich gab Sohnemann mein ganzes Bargeld und den restlichen Proviant mit auf seinem Weg. Wir banden ihm sein Bündel auf den Rücken, umarmten ihn herzlich und winkten ihm nach bis er auf seinem Weg nach Britain am Horizont verschwand. Lange stand ich noch da mit der Zauberin und beobachtet den Sonnenuntergang über dem Meer. Ich hatte wieder ein Problem gelöst. Auf meine Art: Schnell, heimlich still und leise. Diskret eben. Der Hunger quält mich, Ich habe kein Gold mehr. Wovon soll ich jetzt leben? Scheiß Beruf! gez. Die Untergrundbewegung "Freiheit für Britain" Impressum: redaktion@die-schwarze-gazette.de  | 
        
| 10.10.2005 - 23:26 | Kontakt: redaktion@die-schwarze-gazette.de | 
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